Als wir Schwestern waren – Marie Jansen
Erschienen: 18.01.2016 bei Blanvalet/Randomhouse
Autor/in: Marie Jansen
Klappentext:
Die Liebe zweier Schwestern. Ein Krieg, der sie trennt. Ein Kind, für das sie alles tun würden.
Hamburg, 1916. Vivianne und Elisabeth wachsen als behütete Töchter einer großbürgerlichen Familie auf. Die lebhafte, freiheitsliebende Vivianne schleicht sich oft heimlich auf das Nachbargestüt und begegnet dort dem französischen Kunstreiter Philippe, der mit seinem Zirkus in Hamburg gastiert. Die junge Frau ist von dieser schillernden Welt hingerissen und flieht kurzerhand mit Philippe. Jahre später lebt Elisabeth eine unglückliche, kinderlose Ehe – bis sie eines Tages ein Baby vor ihrer Tür findet. Sie nimmt sich des Mädchens an und weiß, dass sie alles tun würde, um es bei sich zu behalten …
“Als wir Schwestern waren” ist eines von mittlerweile vier Büchern eines Genres, das ich bisher nicht gelesen habe, aber entdecken wollte. Es ist dieses “Geheimnis-in-der-Vergangenheit”- Genre ( hat das eigentlich eine eigene Bezeichnung? Zielgruppe dürfte weiblich sein, denke ich ) in dem verschiedene Handlungsstränge in jeweils verschiedenen Zeitebenen erzählt, miteinander verknüpft und am Ende komplett zusammengeführt und aufgelöst werden. Oftmals – aber nicht immer – sind es Familiengeschichten. Das bietet einem Autor sicherlich ein extrem weites Feld, auf dem er sich fantasievoll austoben kann. Die Kunst besteht darin, das Ende nicht nur schlüssig, sondern für den Leser auch einigermaßen glaubhaft aussehen zu lassen. Und leider, leider hat es da bisher keine der Autorinnen geschafft, mich zu überzeugen. Im Gegenteil: alle diese Enden haben den bis dahin unterhaltsamen, teilweise sogar fesselnden Romanen einen furchtbaren Groschenroman-Touch beschert und degradieren die Bücher auf “nach Schema F” geschrieben. Das ärgert mich furchtbar, weil es überhaupt nicht nötig ist. Als Leser habe ich einfach das Gefühl, hier fehlt der Mut zum Risiko und vor Allem zur Individualität. Mich regen diese immer wieder gleichen “Friede, Freude, Eierkuchen und plötzlich sind alle handelnden Personen miteinander verwandt”- Enden furchtbar auf.
Leider ist das trotz sonstigem und eindeutig vorhandenem Ideenreichtum auch bei “Als wir Schwestern waren” nicht anders. Die 36-jährige Auktions-Agentin Simone Berger -liiert mit dem Archetyp “brotloser Künstler” und samt Beziehungskrise auf die Midlife-Crisis zu driftend- erhält postalisch einen seltsamen Auftrag für eine Auktion: der Absender ist anonym, der Brief handschriftlich und das Geld für die Transaktion liegt in bar bei. Der Auftraggeber verspricht weitere Instruktionen nach der Auktion, die leider ausbleiben, als Simone den Auftrag erfüllt hat und wie gewünscht 2 alte Schrankkoffer und einen Sattel in einer alten Hamburger Villa ersteigert hat. Notgedrungen läßt Simone die Objekte in ihre Wohnung liefern und wartet, dass der Auftraggeber sich meldet. Doch nichts passiert. Schließlich öffnet Simone einen der Koffer und findet unter anderem alte Briefe…die sie nach kurzem Zögern zu lesen beginnt.
Von nun an entspinnt sich die Geschichte der im Klappentext erwähnten Schwestern Vivianne und Elisabeth in der Vergangenheit und Simones Suche in der Gegenwart. Das Ganze liest sich – besonders der Vergangenheitsteil – wie die Beschreibung eines Plots, den man später zur Geschichte verfeinern und umfangreich ausbauen will. Wie eine Rohfassung, der der letzte entscheidende Schliff fehlt. Den Plot selber fand ich wirklich grandios: da ist Stoff für eine richtig tolle Familiensaga drin, von mir aus auch in mehreren Teilen. Aber ich will halt nicht nur beschrieben bekommen, warum und das Jemand zum Zirkus durchbrennt, ich will Zirkusluft schnuppern können. Man kann sich bei “Als wir Schwestern waren” nicht über mangelnde oder langweilige Handlung beschweren, absolut nicht. Es ist viel Handlung, in der Vergangenheit über den Zeitraum, der zwei Weltkriege umfasst, es mangelt nur an liebevollen Details, an individuellen Charakteren, mit denen man mitfiebert. Man liest es wie einen Bericht, wirklich beteiligt ist man nicht.
Nachdem zwischenzeitlich auch in der Gegenwart den unvermeidlichen Liebesgeschichtchen Raum gegeben wird und das Handlungs-Tempo recht gemächlich ist, überschlagen sich die Ereignisse am Ende permanent in einer Art, die den Leser nervös macht. Hüh und hott, hin und her, ex und hopp und Voila: bussi-bussi, wir haben uns alle lieb.
Fazit: Ich habe mich phasenweise im Vergangenheitsteil gut unterhalten gefühlt und bin in Lesepausen gedanklich auf die Reise gegangen, was man da noch an Potential hätte rausholen können. Wer auf happyend und Plot nach Schema steht, kann unbedenklich zugreifen. Für mich persönlich leider kein Buch, was sich von der Masse abhebt, aber für ein paar nette Urlaubs-Lesestunden am Strand auf jeden Fall geeignet.
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